Montag, 3. August 2015


 
 Auch im "Wilden Westen" braucht man den freien Sonntag
 



                                                                  Foto: Rebecca Lanz
"Man kann Gott nicht allein mit Arbeit, sondern auch mit Feiern und Ruhen
dienen, darum hat er das dritte Gebot gegeben und den Sabbat geboten.“
                                                                                      (Martin Luther)



 Am 26.08.2015 feierte die Evang.-Luth. Kirchengemeinde Maxhütte-Haidhof einen Familien-Gottesdienst auf dem Gelände des Western- und Country Clubs "Bavarian Rangers" in Teublitz/Katzdorf.
 
 In einer Spielszene treffen sich Flinkes Wiesel und Cowboy Bill an einem Sonntagvormittag.
 

Flinkes Wiesel u. Cowboy Bill, Foto: Rebecca Lanz 

Flinkes Wiesel: Ja hallo, guten Morgen, Bill!

Cowboy Bill: Ah, Flinkes Wiesel. Guten Morgen! Hab dich lange nicht gesehen. Du siehst
irgendwie anders aus ...
 

Flinkes Wiesel: Liegt vielleicht an meinem neuen Skalp.
Du hast es ja am Sonntag Morgen schon sehr eilig. Bist du unterwegs, um zu
deinem Großen Manitu zu beten?

Cowboy Bill: Ja, mir pressiert's, aber nicht wegen dem Gottesdienst. Da war ich schon länger nicht mehr. Ich muss nämlich Semmeln ausliefern. Meine Frau Susan betreibt seit ein paar Wochen so nebenbei eine Art Backbetrieb. Also normalerweise
bäckt ja jeder selbst, aber sie kann es eben besonders gut und wurde immer
gebeten, für besondere Anlässe für andere zu backen. Außerdem hat sie ein
hervorragendes Semmelrezept. Am Sonntag wollen die Leute nicht selbst
backen. Semmeln wollen sie aber trotzdem, also bestellen die Leute bei ihr und
ich muss die Ware jetzt ausliefern.

Flinkes Wiesel: Deshalb also die Eile. Naja, das zusätzliche Einkommen tut euch sicher gut, weil man sich ja auf den Ertrag der Farm nicht immer verlassen kann.

Cowboy Bill: Das stimmt.

Flinkes Wiesel: Können wir uns vielleicht später treffen und uns bei einem kühlen Schluck
unterhalten, wenn du fertig mit dem Ausliefern bist?

CB: Würde ich sehr gern, aber ich habe leider keine Zeit. Erst muss ich den Hof noch
etwas sauber machen – unter der Woche komme ich nicht dazu und dann muss
ich unsere Tochter Lissy nach Santa Fe bringen. Sie arbeitet dort in einem
Hutgeschäft und in Santa Fe gibt es heute Nachmittag etwas ganz Neues: Einen
Sonntag, an dem alle Geschäfte geöffnet haben. Das wird einen Trubel geben,
weil von nah und fern die Leute herbeiströmen werden. Unter der Woche
arbeiten ja alle, aber heute haben sie frei. Tja und meine Lissy muss da leider ins
Geschäft.

FW: Das ist natürlich schade. Wir hatten schon lange keine Gelegenheit mehr, uns zu
treffen. Wie sieht es denn nachmittags aus?

CB: Am Nachmittag muss ich mit Billy jr. nach River Creek. Dort findet ein Rodeo
für Kinder statt und er trainiert schon seit Monaten dafür. Das ist sein Hobby.
Zweimal in der Woche Training und am Sonntag finden dann regelmäßig
Wettkämpfe statt, zu denen wir fahren.

FW: Ihr habt ganz schön Stress am Sonntag.

CB: Das kann man wohl sagen!

FW: Aber hast du mir nicht einmal erzählt, dass der Sonntag bei euch für Manitu
reserviert ist, der Tag des Herrn?

CB: Schon, ja, aber im Moment habe ich dafür kaum Zeit. Es ist Wochen her, dass ich
zuletzt im Gottesdienst war.

FW: Wird euer Manitu denn da nicht böse?

CB: (ratloses Schweigen) – tja also ...

FW: Und hast du mir nicht gesagt, dass euer Manitu euch den Sonntag als Ruhetag
geschenkt hat, an dem nicht gearbeitet werden soll?

CB: Das stimmt schon. So ist das auch. Eigentlich sollte der Sonntag für Mensch und
Tier zur Erholung dienen und dazu, sich auf Gott zu besinnen und ihm zu
danken, für das, was er uns geschenkt hat. Und er soll uns die Möglichkeit geben,
ausgespannt und gestärkt in die neue Woche zu starten.

FW: Das machst du heute aber nicht und deine Familie auch nicht. Ihr besinnt euch
nicht, ihr dankt nicht, ihr erholt euch nicht – stattdessen arbeitet ihr und hetzt
herum. Ich verstehe euch Bleichgesichter nicht. Ist Sonntag jetzt der Tag des
Manitu oder nicht? Muss man sich an seine Gesetze halten oder nicht?

CB: Natürlich ist der Sonntag der Tag des Herrn und man muss sich auch an seine
Gebote halten. „Du sollst den Feiertag heiligen“ heißt es. Das bedeutet aber
nicht, dass gar nicht gearbeitet werden darf. Selbstverständlich darf ein Arzt
einem Kranken zu Hilfe eilen. Und natürlich muss ein Farmer sein Vieh
versorgen. Was für die Menschen und Tiere wichtig ist, muss getan werden.

FW: Aber Semmeln für fremde Leute backen muss man nicht und Hüte verkaufen ist
meiner Meinung nach auch nicht so wichtig.
Oder besinnst du dich später und liest in deinem Gottesbuch. Reicht das auch?

CB: Naja, ob das reicht … Natürlich ist es gut, in der Bibel zu lesen. Aber man
versteht nicht immer alles. Manchmal braucht man eine Erklärung dazu oder eine
Übertragung in unsere Zeit. Und die bekommt man z. B. beim Gottesdienst oder
wenn man sich mit anderen unterhält.
Es fehlt mir schon, dass ich meine Freunde nicht mehr so regelmäßig sehe. Man
ist dort einfach mit Gleichgesinnten zusammen. Weißt du: Der Gottesdienst hat
auch eine soziale Komponente, sag ich mal. Man sieht, dass man nicht allein ist.
Man kann sich vorher oder hinterher beim Kirchenkaffee austauschen. Man
kann sich gegenseitig aufbauen und trösten, wenn es nötig ist. Wenn du zu Hause
allein im Kämmerchen liest, fehlt das alles.

FW: Dann solltest du dringend etwas ändern, mein weißer Bruder.

CB: Da hast du wohl recht. Wir haben da anscheinend unsere Prioritäten etwas falsch
gelegt und das wirklich Wichtige aus den Augen verloren. Ich muss das mit
meiner Familie besprechen. Wir müssen das ändern.

FW: Gut, dann will ich dich nicht länger aufhalten.

CB: Flinkes Wiesel, treffen wir uns doch nächsten Sonntag nach dem Gottesdienst
und setzen uns zusammen, um uns zu unterhalten.

FW: Das machen wir. Ich freue mich darauf und du kannst mir vielleicht noch etwas
von eurem Manitu erzählen. Ich finde es nämlich sehr großzügig von ihm, euch
einen freien Tag zu schenken. Wir Indianer haben das nicht. Zumindest hat unser
Medizinmann nie etwas davon gesagt.

CB: Danke! Ich glaube, Du hast mir die Augen geöffnet. Der Sonntag sollte nicht so
vollgepackt sein.

Foto: Rebecca Lanz
Jetzt verstehe ich, wie der Sonntag eigentlich von Gott gedacht war - als Zeit der Ruhe und des Ausruhens für alle Menschen.
                                                 


(Gekürzte Fassung)